Paul Peter Wilhelm Lorenzen[1] (* 24. März 1915 in Kiel; † 1. Oktober 1994 in Göttingen) war ein deutscher Philosoph, Wissenschaftstheoretiker, Mathematiker und Logiker.
Lorenzen machte sich in den 1950er Jahren einen Namen als Mathematiker, der an den Grundlagen der Mathematik arbeitete. Mit einer operativen Mathematik, die nur mit dem auskommt, was aus einem mathematischen Modell konstruierbar ist, dachte Lorenzen die Grundlagenkrise der Mathematik zu lösen. Er schrieb eine Metamathematik und entwickelte mit Kuno Lorenz eine dialogische Logik.
Lorenzen machte als einer der Ersten nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland auf die analytische und angloamerikanische Philosophie aufmerksam und entwarf analog zu Jürgen Habermas eine Gegenposition zum Positivismus. Er war neben Wilhelm Kamlah der Begründer der Erlanger Schule des methodischen Konstruktivismus. Dabei gestaltete er mit Kamlah eine logische Propädeutik und argumentierte gegen zirkelhaftes Denken. Lorenzen erarbeitete wichtige Beiträge zur Wissenschaftstheorie und begründete eine Protophysik mit Messgerätenormen, die nicht empirisch widerlegt werden können.
Lorenzen hielt die herkömmliche Logik für ungeeignet, um ethische Probleme zu behandeln. Als John Locke Lecturer entwickelte er deshalb eine normative deontische Logik und entfaltete aus dieser Modallogik Ansätze zu Fragen der Ethik und der politischen Philosophie.